Bergretter im Risiko
Eine Klarstellung von der Bergwacht Ramsau
Fast 250.000 Menschen erreichte die Bergwacht Ramsau mit Ihrer Stellungnahme auf facebook zum Thema Risiko in der Bergrettung. Anlass war der Sucheinsatz der Bergwacht Ramsau über sechs Tage Ende September am Hochkalter.
Die transparente Berichterstattung der Bergwacht Ramsau über diesen schwierigen und aufwendigen Einsatz führte insbesondere in den Sozialen Medien zu einem sehr großen Interesse. Das Resultat war eine Vielzahl an lobenden aber auch kritischen Rückmeldungen zum Risiko, dem sich die Einsatzkräfte aussetzen. In der Stellungnahme wird deutlich, dass Frauen und Männer in der Bergwacht sehr strukturiert und reflektiert mit den Unsicherheiten und Risiken im Einsatz am Berg umgehen und nicht kopflos unter allen Umständen ihr Leben riskieren. Verunfallte werden dabei schnell zu Schuldigen diffamiert, wenn Demut für das Unglück und Respekt für die Helfenden angebracht sind.
Die Stellungahme der Bergwacht Ramsau im Netz. „Warum wir Bergretter nicht unser Leben riskieren"
Wir wollen auf die vielen Kommentare in den Sozialen Medien reagieren und erklären, warum wir uns eben nicht permanent in Lebensgefahr begeben und das hinter unserem Handeln viel Kalkül und Abwägung steckt. Unbestritten ist, dass sich unsere Einsatzkräfte grundsätzlich den Alpinen Gefahren aussetzen, sobald sie zu einem Rettungseinsatz ausrücken. Diese Alpinen Gefahren sind ein gesellschaftlich akzeptiertes Lebensrisiko, können jedoch durch verschiedenste Umstände deutlich verstärkt werden und so die akzeptierten Rahmenbedingungen schnell verlassen.
Wir möchten euch unser Risiko-Management in den nächsten Zeilen vereinfacht darstellen.
Schritt 1 = RisikoreduktionWir versuchen immer, das Risiko für unsere Einsatzkräfte zu reduzieren. So setzen wir zum Beispiel bei Steinschlaggefahr einen Helm auf oder sichern uns im Absturzgelände mit Seilen, um nicht abstürzen zu können. Es gibt jedoch auch Risiken, die man nicht weiter reduzieren kann.
Schritt 2 = Eintrittswahrscheinlichkeit
Ist beim Einsatz der Eintritt einer Verletzung zu erwarten? Muss dazu ein Fehler passieren, wie etwa der Sturz bei der Abfahrt mit Ski oder Stolpern beim Gehen? Es kann jedoch auch vorkommen, dass der Eintritt einer Schädigung unabhängig von unseren Maßnahmen zu erwarten ist, wie man zum Beispiel bei großer Lawinengefahr mit der Selbstauslösung von Lawinen rechnen muss.
Schritt 3 = Grad der Schädigung
Im letzten Schritt wird die Schwere der zu erwartenden Verletzung mit der Eintrittswahrscheinlichkeit in Verbindung gebracht. Ist das Risiko hoch und nicht weiter reduzierbar, die Eintrittswahrscheinlichkeit Fehlerunabhängig und die zu erwartende Schädigung eine schwere Verletzung oder der Tod, so wird der Einsatz auf jeden Fall so lange unterbrochen, bis das Risiko wieder reduziert werden kann (z.B. durch Wetterbesserung).
Der vergangene Sucheinsatz hat uns in puncto Risiko-Management mehr als einmal an die Grenze des Machbaren geführt. Bei akuter Lebensgefahr für den Patienten, ist ein höheres Risiko für die Einsatzkräfte vertretbar, jedoch ist unser Handeln nie unüberlegt oder gar Harakiri. So etwas machen wir in der Bergrettung nicht.